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Rezension:Ein Jahr - ein Leben (Gebundene Ausgabe)

Am Mittwochabend, den 14.November 2012 werde ich im Literaturhaus Frankfurt die Schauspielerin Iris Berben und Christoph Amend, den Chefredakteur des ZEITmagazins, im Gespräch erleben. Diese beiden Personen haben sich ein Jahr lang regelmäßig getroffen. In gemeinsamen Gesprächen hat Berben Amend aus ihrem Alltag, von kommenden Plänen und alten Wünschen, von Erfolgen und Niederlagen, von prägenden Begegnungen und politischer Courage berichtet, fast das Literaturhaus in seiner Programmvorschau zusammen. Diese Gespräche sind im vorliegenden Buch nachzulesen.

Die Interviews habe ich am Wochenende studiert und habe nun eine Vorstellung davon, was diese schöne und dabei intelligente Frau seit vielen Jahren umtreibt.

 Mich haben weniger ihre Erfolge und Niederlagen interessiert, sondern mehr ihr Denken und ihre Empfindungen und hier nicht so sehr, im Hinblick auf ihr Alter, sondern eher, bei Fragen wie etwa: "Was bedeutet Ihnen Literatur?"

 Berben definiert auf sehr kenntnisreiche Art den Begriff "Rock 'n' Roll", der in ihren Augen für Gefühle steht, die man nicht kontrollieren kann, (vgl.: 72). Die Schauspielerin gesteht, dass sie in ihrem Beruf viel Kontrolle benötigt und aus diesem Grund pausenlos in Kontrolllosigkeit eintauchen möchte, (vgl.: S.73).

Interessant fand ich, dass Berben, obschon sie ja einen sehr engen und guten Kontakt zu ihrer Mutter pflegt, nie mit dieser über das Thema Nationalsozialismus gesprochen hat und auch nie über ihre Lesungen gegen das Vergessen des Holocaust. Wieso hat sie privat die Sprachlosigkeit diesbezüglich nicht überwinden können, in der sie groß wurde und die sie öffentlich offenbar ohne Probleme hinter sich gelassen hat?

 Es ist natürlich immer wieder interessant über ihre vielschichtigen Berufserfahrungen zu lesen, auch über ihre Charakterisierungen von Menschen, die ihr im Laufe ihres Lebens begegnet sind, so etwa Karl Lagerfeld, den sie vor mehr als zwei Jahrzehnten kennen lernte oder Peer Steinbrück, den sie schon 50 Jahre kennt.

 Im Hinblick auf Lagerfeld meint sie: "Ja, Ausnahmemenschen wie er saugen andere aus. Sie sind unendlich neugierig, voller Leidenschaft, unkonventionell, gierig, das gehört wohl dazu. Das Wort "vernünftig" würde mir bei ihnen jedenfalls nicht einfallen. Es ist ohnehin ein Wort, das vorherrscht, finden Sie nicht? " (Zitat: S. 110).

Der Sommermensch Iris Berben liebt den Kinderwinter und ganz einfache Zeitgenossen, die ihr aufrichtig entgegen kommen. Wer liebt solche Personen nicht? Kann man solche Menschen in der Gesellschaft, in der sie sich bewegt, finden? Sicher und zwar dann, wenn man sich wie Berben glaubhaft für Mitmenschlichkeit engagiert. Dann nämlich schwingt man mit dem Nicht-Oberflächlichen, begegnet Menschen, die man ansonsten eher übersieht.

 Berben hat Pascal Mercier gelesen. Das Buch hat sie tief berührt. Sie sagt, dass sie viele Antworten auf Fragen in Büchern gefunden habe und bei ihr jeder Autorenname, jedes Buch mit einer Erinnerung verknüpft sei, die sie begeistere, verstöre oder wütend mache. Es sei auch möglich, dass sie sich in einem Buch wiederfinde, (S. 131).

 Berben gibt zudem Auskunft über ihre Liebe zur Kunst. Ihr Zugang hierzu sei emotional. Sie berichtet über Bilder, die sie erworben hat, darunter solche von Elvira Bach. Zu diesen Werken zählt das Bild "Zweifel". Dieser Begriff, so sagt sie, sei ihr Lieblingswort. Das macht mir Iris Berben besonders sympathisch, denn Menschen, die zweifeln, sind  keine Rechthaber. Viel Sympathie habe ich für ihr Engagement im Hinblick auf die Juden. Dazu gehört auch heute noch Mut. Ich liebe Menschen, die Mut haben. Die Gespräche zeigen, dass diese Schauspielerin eine zutiefst nachdenkliche Frau ist, die ihren Bekanntheitsgrad für gute Zwecke nutzt. Berben ist keine Diva, sondern eine Persönlichkeit, der es gelungen ist, die Ideale der
68er Generation vielschichtig umzusetzen. Empfehlenswert. 

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