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Rezension: Portrait eines glücklichen Menschen. Der Gärtner von Versailles.: Der Gärtner von Versailles. Andre Le Notre 1613 - 1700

Der Gartenbau-Architekt Andre Le Notre verfügte nicht nur über breitgefächerte Kenntnisse in der Botanik, sondern hatte sich auch mit Mathematik, speziell mit der Geometrie auseinandergesetzt, bevor er die Menschen mit seinen kreativen Schöpfungen erfreute.

Wobei der so genannte "goldene Schnitt" die Grundlage bildete für all seine genialen, auf Harmonie angelegten Gartenkonzeptionen, die in den Parkanlagen von Versailles schließlich ihre Vollendung gefunden haben.

Erik Orsenna führt den Leser an alle wesentlichen Wirkstätten des bedeutenden Meisters.

Beginnend mit dessen erstem großen Wurf, der Parkanlage von Schloss Vaux, welcher auf Betreiben Ludwig XIV zum Aufstieg Le Notres führte, verdeutlicht der Autor das herausragende Können dieses Vegetationsenthusiasten.

Nachdem Le Notre in "Vaux" bewiesen hatte, was er konnte, wird er "Zeichner der königlichen Gärten" und "Kontrolleur der Gebäude". Als enger Berater des schnell gelangweilten Sonnenkönigs erfreut er diesen durch fortwährend visuelle Veränderung der von ihm kreierten Gärten. Seine einzigartigen Gemälde aus Boskette, Springbrunnen und Skulpturen machen Le Notre berühmt in ganz Europa. Doch bleibt sein primäres Aktionsfeld Frankreich und man liest von vielen alten Schlössern, wie etwa Fontainebleau oder Saint - Germain, denen er seinen floralen Stempel aufgedrückt hat. Le Notre hat die französischen Gärten verändert und so den "Französischen Garten" gestaltet. Auf diese Weise hat der Mann mit dem grünen Finger wohl nicht nur seinen König glücklich gemacht.

Orsenna spürt im vorliegenden Text der farbigen Fülle nach, welche Le Notres Schöpfungen zu Lebzeiten des Sonnenkönigs in weitaus größerem Maße hatten als heute und verschafft dem interessierten Leser durch seine pythagoräischen Impressionen ein paar durchaus angenehme Stunden.

Vor dreihundertdrei Jahren verstarb Andre le Notre. Vieles spricht dafür, dass der große Gartengestalter tatsächlich ein so glücklicher Mensch war, wie Ludwig XIV es von ihm annahm.


Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.




Rezension: Alles, was ich in der Welt verlange. Das Leben der Johanna Schopenhauer

Schauplätze dieses Buches sind in erster Linie Danzig, Hamburg, Weimar und Bonn. Dort nämlich hat Johanna Schopenhauer gelebt. Diese Frau war eine Zeitgenossin Goethes. Der von ihr verehrte Dichterfürst gehörte dem engeren Kreis der hochkarätigen Gäste ihres weltberühmten Salons an.

Wer war diese, von so vielen klugen Personen geschätzte Dame? Carola Stern spürt der Frage nach und malt ein farbintensives Bild von ihrer Protagonistin, welches so nur entstehen konnte, weil die Autorin sich eingehend mit Fakten und Anekdoten zur beschriebenen Person auseinandergesetzt hat.


Ihrem doppelt so alten Ehemann gegenüber, den die wissbegierige Johanna mit achtzehn Jahren aus Vernunftsgründen heiratet, fühlt sie sich durch die Liebe zur Kunst und Literatur, sowie durch die Neigung gegenüber den Idealen der französischen Revolution verbunden. Der sehr begüterte Großkaufmann bereist gemeinsam mit seiner jungen Gemahlin viele Städte Europas, um seine Handelsgeschäfte vor Ort erfolgreich zu betreiben und sich kulturhistorisch zu bilden.
Wir erfahren von Stern, dass Johanna Schopenhauer, während dieser Reisen nie am üblichen Damenprogramm teilnimmt, sondern aufgeschlossen, an der Seite ihres Mannes neue technische Errungenschaften kennenzulernen sucht. Dennoch bewegt sich ihr inneres Verhältnis zu Heinrich Floris Schopenhauer auf dem "schwierigen Grat zwischen Resignation und Eigensinn." ( Was dies bedeutet, führt die Autorin im Einzelnen näher aus). Das Verhältnis zu ihren beiden Kindern Adele und dem späteren Philosophen Arthur ist, wie Stern berichtet, unterkühlt.


Johannas Gatte, der in Hamburg Selbstmord begeht, macht sie zunächst zur reichen Witwe, die sich in der Folge alsbald ein freies, großzügiges Leben gestattet. Die Vierzigjährige mietet im "Athen des Nordens", in Weimar also, nicht weit von Goethes Wohnhaus entfernt, eine standesgemäße Wohnung an und beginnt ihr neues Leben. Sie gewinnt Freunde, wie etwa den Gelehrten Fernow, den Schriftsteller von Gerstenbergk und schließlich den Theaterleiter Carl von Holtei. Christiane, die vielgeschmähte Gattin Goethes wird von ihr zum Tee gebeten. Durch diese Geste erwirbt sich Madame Schopenhauer das Wohlwollen des großen Dichters, als dessen kritiklose Verehrerin sie sich zeitlebens zeigt. Johanna beginnt zu schreiben, Romane, kunsthistorische Werke, Reiseberichte. Sie wird zur vielgelesenen und bekanntesten Schriftstellerin ihrer Zeit. Mittels Schreiben finanziert sie schließlich ihr Leben und das Leben ihrer Tochter, nachdem sie durch Misswirtschaft des Danziger Bankhauses Muhl nahezu ihr gesamtes Vermögen verloren hat. Zu diesem Zeitpunkt hat die resolute Mutter den Kontakt zu Sohn Arthur, dem galligen Frauenfeind, bereits abgebrochen.


Nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen Teuerung zieht sich Johanna, wenige Jahre vor Goethes Tod, nach Unkel am Rhein und später nach Bonn zurück, wo sie fortwährend bemüht ist, ihrem Verleger Brockhaus Vorschüsse für noch nicht geleistete Arbeit zu entlocken. Die Autorin verweist auf Johannas "erstaunlichen Geschäftssinn", der sich "besonders im Umgang mit Verlegern" äußert. Aber "Madame Schopenhauer kann nicht haushalten, nicht von ihren Ambitionen lassen, sich nicht eingestehen, dass sie dabei ist, arm zu werden, und stürzt sich und ihre Tochter in immer höhere Schulden". Am Ende ihres Lebens lässt sich Johanna Schopenhauer in Jena nieder. Weimars Großherzog Karl-Friedrich gewährt der alten Dame, nach entsprechenden Bittgesuchen, eine Pension, die es der einst wohlhabenden Kaufmannstochter erlaubt, einigermaßen standesgemäß ihre letzten Jahre zu verleben....


Ein hervorragendes Buch, das nicht nur die Zeit der Weimarer Klassik wieder aufleben lässt, sondern auch Einblicke gibt in das Kaufmannsleben der alten Hansestädte Danzig und Hamburg, unmittelbar vor der Industrialisierung. Johanna Schopenhauer kannte viele bedeutende Zeitgenossen, war allem Kulturellen und Intellektuellen gegenüber äußerst aufgeschlossen. Fremd blieben ihr einzig ihr Sohn und dessen Philosophie. Arthur Schopenhauer hat sich allerdings auch alle Mühe gegeben, das Verhältnis zu seiner Mutter denkbar negativ zu gestalten und ihr den Zugang zu ihm und seinem Denken zu versperren!


Letzte Anmerkung: Die allen Kapiteln des Buches vorangestellten Scherenschnitte visualisieren auf subtile Weise die Welt der Empfindungen in jener Zeit!


Im Buchhandel erhältlich.

Rezension:Leidenschaft: Goethes Weg zur Kreativität: Eine Psychobiographie (Taschenbuch)

Der Facharzt für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Prof. Dr. Rainer M. Holm-Hadulla lehrt an der Universität Heidelberg. Ferner ist er als Psychoanalytiker tätig und berät Wissenschaftler, Künstler, Unternehmer und Politiker.

In der vorliegenden Psychobiographie geht Holm-Hadulla der Frage nach welche Umstände die überbordende Kreativität Goethes auslösten und immer wieder gefördert haben. Der Psychotherapeut lotet das gesamte Leben, aber auch viele der Werke des Dichters diesbezüglich aus und kommt zu bemerkenswerten Ergebnissen.


Abgeleitet ist das Wort Kreativität von dem lateinischen Wort "creare", das "schaffen, erzeugen, gestalten" bedeutet. Holm-Hadulla hält fest "Kreativ kann eine begabte Person sein, wenn sie sich auf einem erfolgversprechenden Gebiet und in einem fördernden soziokulturellen Kontext produktiv betätigt."


Der Autor nennt fünf Bedingungen für Kreativität - Begabung, Wissen, Motivation, Persönlichkeit sowie Umgebungsbedingungen - und geht im Einzelnen auf diese Bedingungen näher ein.


Begabungen lassen sich aufgrund der modernen Intelligenzforschung in sieben Bereiche untergliedern: sprachlich, logisch-mathematisch, musikalisch, körperlich - kinästhetisch, räumlich, interpersonal und intrapersonal.


Neben den intellektuellen Begabungen sind bestimmte Denkstile günstig für die Kreativität und zwar solche die flüssig, assoziativ, divergent und originell sind.


Handwerkliches und intellektuelles Wissen bilden die Voraussetzungen Informationen neu und originell zu kombinieren.


Sollen aus Begabungen kreative Produkte entstehen, sind verschiedene Motivationen erforderlich. Holm-Hadulla nennt drei Faktoren: Neugier, Interesse und Ehrgeiz.


Der Wissenschaftler begreift Neugier als einen Ausdruck von Lebendigkeit. Er macht deutlich, dass sie nur dann zu kreativen Leistungen führt, wenn ausreichend Sicherheit in der Person und ihrer Umgebung vorhanden ist. Interesse definiert der Autor als Bedürfnis und Fähigkeit, sich von einer Sache völlig gefangen nehmen zu lassen. Ehrgeiz schließlich ist das Streben nach Anerkennung.


Holm-Hadulla nennt in der Folge Persönlichkeitseigenschaften, die mit Kreativität assoziiert werden: "Flexibilität, Originalität, Selbstvertrauen, Widerstandsfähigkeit, Authentizität und Transzendenz."


Transzendenz, gemeint ist die Realisierung von Werten, die außerhalb egoistische Bedürfnisse liegen, ist nach Meinung des Professors die wesentliche Vorraussetzung der Kreativität. Ferner spielen bei allem kreativitätsfördernde Entwicklungsbedingungen eine Rolle.


Holm-Hadulla untergliedert Leben und Werk Goethes in die Abschnitte: Kindheit und Jugend: Frankfurt 1749-1765, Leipziger Studentenkrise 1765-1768, Rückkehr ins Elternhaus 1768-1770, Flucht vor der Liebe: Straßburg 1770-1771, Frankfurter Refugium 1771-1772, Leidenschaft und Entsagung: Wetzlar 1772, Frankfurter Geniezeit 1772 -1775, Goethes Konflikte im Spiegel seiner frühen Dramen, Zeit der Reife: Weimar 1775-1786, Neugeburt in Italien 1786-1788, Die große Liebe: Weimar 1788-1806, Politische Veränderungen und neue Leidenschaften, 1806-1821 (Wilhelmine , Silvie, Marianne), Späte Liebe , Alter und Abschied 1821-1832 und subsumiert die Sachverhalte den Kriterien der Kreativität gemäß.


In seiner Psychobiographie verdeutlicht der Autor schrittweise die kreative Selbstwerdung des Dichters. Er schreibt von Ängsten, Verzagtheiten und quälenden Minderwertigkeitsgefühlen in dessen Jugend, dessen Beziehung zu den Eltern, der Schwester Cornelia und den Jugendfreunden.


Thematisiert wird die Art des Umgangs mit traurigen Ereignissen bei Goethe, die sein ganzes Leben charakteristisch für ihn war. Immer wieder kann man Rückzug, intellektuelle Beschäftigung und Selbstversenkung, die gefühllos erscheinen konnte, wie Holm-Hadulla treffend bemerkt, feststellen, allerdings aber auch die Suche nach Alternativen, wie Lesen, Denken und Phantasieren.


Man liest von Goethes erster Liebe und allen Frauen, die besagtem Gretchen folgten. Stets hat der Dichter Liebesbeziehungen idealisierend überhöht und sich dann nicht selten entschlossen abgewandt, um so letztlich Stoff für seine Dichtungen gewonnen. Abermals und abermals zieht er schöpferische Energie aus Enttäuschung und Zurückweisung und setzt dies in schriftstellerische Arbeit um.


Der Psychiater konstatiert, dass Frauen wie Gretchen, Kätchen Schönkopf, Friederike Brion, Charlotte Buff, Frau von Stein, Marianne Willemer und Ulrike von Levetzow zum Projektionsschirm für Gefühle und Ideen wurden. Goethe soll sich in diesen Damen gespiegelt und die Empfindungen seiner Geliebten aufgenommen haben und auf diese Weise bereichert zu sich zurückgekehrt sein.


Holm-Hadulla macht den Leser mit dem Begriff des poetischen Selbst vertraut. Poetisch kann man nach seiner Auffassung ein Selbst nennen, das sich im Sinne der griechischen Auffassung von "poiein" (machen, gestalten, schöpferisch tätig sein) in einem kreativen Prozess der Selbstfindung und Selbstverwirklichung befindet.


Aus psychologischer Sicht erfüllen Goethes Dichtungen die Funktion ein kohärentes und wirksames Selbst poetisch zu erzeugen.


Professor Holm- Hadulla hält fest, dass die Dichtung zunächst ungestaltete Sinneseindrücke, körperliche Empfindungen, bewusste und unbewusste Beziehungserfahrungen lebbar und damit erst wirklich machten. Weiter lässt der Psychotherapeut seine Leser wissen, dass das poetische Selbst erst dann zur vollen Entfaltung gelangt, wenn es von anderen wahrgenommen wird. Stets aufs Neue zeigt sich, - der Autor dokumentiert dies breitgefächert-, dass die poetische Selbstverwirklichung dem Dichter über viele Lebenskrisen half, wie etwa solche in seinen Jugendjahren, ausgelöst durch Friederike und Lotte.


Sehr gut analysiert sind die psychologischen Hintergründe, die zu seinem Roman "Werther" führten.


Erwähnt werden muss, dass für die Arbeiten des Dichters nicht nur seine melancholischen Stimmungen, sondern auch seine Hochgefühle von Bedeutung waren.


Anhand vieler Beispiele wird die Wechselwirkung zwischen Goethes Leben und poetischer Umsetzung, denn um eine solche ging es, sehr erhellend dargeboten.


Gedichte, Dramen, seine Romane werden thematisiert und erwartungsgemäß wird das Verhältnis zu Charlotte von Stein unter psychologischen Gesichtspunkten fokussiert, an die ihn eine geheimnisvolle Seelenverwandtschaft band. Da im realen Leben die beiden sich nicht traumverloren hingeben konnten, fand Goethes poetische Selbst einen Weg in seiner Dichtung seine Träume und Sehnsüchte auszudrücken und die Phantasien "abgelebter" Zeiten neu zu erleben.


Nicht immer gelang es Goethe mittels seines poetischen Selbst seine Konflikte zu lösen, wie sich an den Motiven seiner italienischen Reise zeigt. Hier nämlich war die Spannung zwischen künstlerischem Gestaltungsdrang und konventioneller Pflichterfüllung im Vorfeld so groß geworden, dass sie eine räumliche Veränderung herbeiführte.


Im Rahmen seiner Italienreise liest man von Goethes Sexualität. Hier unterstreicht Holm-Hadulla, dass Goethe ihr immer aufgeschlossen gegenüberstand und von daher die Vorstellung, dass der Dichter das erste Mal während der Italienreise einen Koitus erlebt habe, nicht plausibel ist. Zudem belegt der Autor, dass regelmäßiger Geschlechtsverkehr der Schaffenskraft Goethes augenscheinlich zuträglich war.


Sehr interessant auch sind die Interpretation der Liebesbeziehung zu Christiane Vulpius und die intellektuelle Freundschaft zu Schiller. Deutlich wird, dass für Goethes Kreativität Lehrer, Freunde und geliebte Frauen, denen er sich offenherzig anvertraute, von größter Bedeutung waren. Schreiben war für Goethe eine Art Selbsttherapie. Emotionale Krisen waren Anlass und Nahrung für kreative Bewältigungsbemühungen. So wäre ohne die unglückliche Beziehung zu Lotte vermutlich nicht "Werther" entstanden und ohne die unausgelebte Beziehung zu Marianne von Willemer hätte es keinen "West-Östlichen Divan" gegeben.

Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.